Adler, Karl-Heinz (1927-2018)

20. Juni 1927 in Remtengrün/Vogtland geboren

1941-1944 Lehre als Musterzeichner, Studium an der Kunstschule in Plauen

1947-1953 Studium an der Hochschule für Bildende Künste in Berlin (West) und Dresden

1957-1958 radikale künstlerische Neubestimmung: erste konstruktiv-gestalthafte Collagewerkgruppen nach Prinzip der Schichtung von seriellen Elementen auf Papier

1955-1961 Lehr-und Forschungstätigkeit an der TH Dresden, Abt Architektur

1957 Besuch bei Picasso in Vallauris (Frankreich)

1960 Mitglied der Produktionsgenossenschaft Bildender Künstler .Kunst am Bau" Dresden

ab 1966 freischaffend in Dresden

1966 Patentierung des pneumatischen Beschichtungssystems

ab 1968 Entwicklung des seriellen Formsteinsystems mit Friedrich Kracht

1972 Überführung des seriellen Betonformsteinsystems in die industrielle Produktion

1967-1970Vorsitzender der Produktionsgenossenschaft .Kunst am Bau" Dresden Entwicklung serieller Systeme u. a. für Brunnen-und Pflanzschalen, Spielplätze und Fassadenverkleidungen

ab 1972 Konzentration auf freie künstlerische Tätigkeit

1984-1990 illegale Einzelausstellungen im Ausland u. a. Kunsthalle Malmö, Schweden

1988 Vordemberge-Gildewart-Preis

1988-1995 Gastprofessur an der Kunstakademie Düsseldorf

ab 1990 wachsende nationale und internationale Anerkennung seiner Arbeiten als eigenständige Beiträge zur Konkreten Kunst

ab 1991 zahlreiche Einzelausstellungen im In- und Ausland

1992 Aufnahme in den Deutschen Künstlerbund

1995 Ehrenaufenthalt in der Deutschen Akademie Villa Massimo, Rom, Italien

2005 ständiger Ausstellungsraum im Museum Modern Art Hünfeld

2008 Kunstpreis der Stadt Dresden

2008 Honorarprofessur für Bildnerische Lehre, Fakultät Architektur der TU Dresden

2014 Ernennung zum Ehrenbürger seiner Heimatstadt Adorf/Vogtland

2016 Ernennung zum Ehrenmitglied der Sächsischen Akademie der Künste

2018 Verleihung des Verdienstkreuzes der 1. Klasse des Verdienstordens der BRD

er verstarb am 14. November 2018 in Dresden

Quelle: Wüstenrot-Stiftung https://wuestenrot-stiftung.de/flaechenkunstwerk-von-karl-heinz-adler-und-friedrich-kracht-in-plauen/

Text mit freundlicher Genehmigung Wüstenrot-Stiftung
Karl-Heinz Adler Archiv Genossenschaft Kunst am Bau

©Herbert Boswank. 2008


Foto: Wolf Schmidt-Falkenstein / Chemnitz 2019

Plakat: GALERIE BARTHEL + TETZNER GmbH / https://www.barthel-tetzner.de/events/

 


27.01.2023 Der „Vogtländische Kunstverein Göltzschtal e.V.“ und der „Kunstförder-verein falkart e.V.“ besichtigten gemeinsam die Restaurierungsarbeiten am Wandbild im Plauener Rathaus

Bild: v.l. Dagmar Groß (Sachbearbeiterin Denkmalpflege), Martin Fliedner (Restaurator), Kerstin Wolf (Bürgermeisterin im Bau- und Ortnungsbereich) sowie Mitglieder beider Kunstvereine aus Falkenstein und Auerbach (Fotos: Wolf Schmidt-Falkenstein)

Insgesamt 235 Quadratmeter beträgt die gemalte Wandfläche im Eingangsbereich des Plauener Rathauses und wurde durch die beiden Künstler Karl Heinz Adler und Friedrich Kracht zwischen 1975–1976 gestaltet.

Beide zählen zu den wichtigsten ostdeutschen Vertretern der Konkreten Kunst. Das im Volksmund „Geisterbahn“ genannte Werk in Plauen wurde 1987 mit Sandsteinplatten überdeckt. Über die Gründe für diese Maßnahme lässt sich heute nur noch spekulieren. Sicher ist: Das Werk war bereits nach seiner Fertigstellung umstritten.

Auch über die Wiedersichtbarmachung und Restaurierung wurde heftig debattiert. Nachdem Probebohrungen den guten Erhaltungszustand des Werks unter den Verblendungsplatten bestätigten wurde eine Teilfläche freigelegt und ein sehr guter Zustand festgestellt. Im Folgenden wurde an einer Musterfläche ein individuelles Restaurierungskonzept erarbeitet.

Zwischenzeitlich wurde das Werk freigelegt und im Auftrag und finanziert durch die Wüstenrot Stiftung durch den Restaurator Martin Fliedner Stück für Stück restauriert. Nachdem im Verlauf der Arbeiten 2022 weitere zum Werk gehörige Flächen im Innenbereich des Foyers entdeckt und in die Restaurierung miteinbezogen wurden erfolgt die Fertigstellung der Arbeiten voraussichtlich bis Ende 2022.

Die Mitglieder beider Kunstvereine waren sehr beeindruckt und  bedanken sich besonders für die sachkundige Führung durch Kerstin Wolf (Bürgermeisterin im Bau- und Ortnungsbereich, Dagmar Groß (Sachbearbeiterin Denkmalpflege), Martin Fliedner (Restaurator) und bei Ute und Thomas Kerschon für die Organisation der Veranstaltung.

Quelle: Wüstenrot-Stiftung https://wuestenrot-stiftung.de/flaechenkunstwerk-von-karl-heinz-adler-und-friedrich-kracht-in-plauen/


Presse: https://www.kunstverein-plauen.net/karl-heinz-adler-wiederentdeckt-in-plauen-ausstellung-vom-06-03-2022-01-05-2022/


Ausstellung Karl-Heinz Adler und Karl-Heinz Bastian

vom 28.11.1987-23.12.1987

Galerie am Sachsenplatz Leipzig / Katalog 37

Fotos: Herbert Boswank / Dresden / Galerie am Sachsenplatz Leipzig / Katalog 37

Text zur Ausstellung: Werner Schmidt

Vor fünf Jahren war es eine Entdeckung, als Gabriele Muschter in der Galerie Mitte zu Dresden die erste Einzelausstellung Karl-Heinz Adlers präsentierte. Seitdem erfuhr das Werk des Künstlers auch internationale Anerkennung. Die Kunsthalle in Malmö widmete ihm 1984 eine Ausstellung und einen sorgsam ausgestatteten Katalog. Der Zuerkennung des Zweiten Preises der Internationalen Biennale der Zeichnungen In Kalisz 1986 folgte sogleich eine Ausstellung in Chelm sowie die vom Nationalmuseum zu Szczecin ausgerichtete im Rahmen der 12. Ausstellung der Malerei der sozialistischen Länder. Bozena Kowalska, eine der führenden Kräfte der polnischen Kunstwissenschaft, brachte die langjährig erprobte Hochachtung vor Adlers Schaffen zum Ausdruck, als sie es im Katalog von Szczecin eingehend analysierte und ihn als „bedeutenden Künstler der DDR" würdigte.

In seinem Heimatland blieb das Echo auf Karl-Heinz Adlers Werk bis heute auf einen kleinen Kreis beschränkt. Immerhin erwarben das Dresdner Kupferstich-Kabinett und die Staatliche Galerie Moritzburg Halle eine Reihe seiner Arbeiten. Die Galerie am Sachsenplatz, die schon mehrere ältere Künstler des Konstruktivismus im Rahmen ihrer Pflege der Bauhaus-Tradition der Öffentlichkeit vorstellte, ermöglicht seinem Publikum nunmehr aufs neue die Begegnung mit einem bisher von der Kunstwissenschaft der DDR unterschätzten Künstler.

Die Vernachlässigung trifft Adler nicht allein, sondern gleichermaßen die anderen konstruktivistischen Künstler der mittleren und jüngeren Generation, nicht nur in der DDR und anderen sozialistischen Ländern, auch keineswegs nur in der Gegenwart. Zum 60. Geburtstag von Piet Mondrian 1932 veranstalteten weder Holland noch seine Wahlheimat Paris eine Ausstellung. Als in den 1950er Jahren die große Berliner Kollektion der Gemälde und Zeichnungen von Kasimir Malewitsch zum Verkauf stand, bemühte sich außer Amsterdam kein Museum darum, so daß Willem Sandberg sie im ganzen für die sagenhafte Summe von 50 000 Gulden erhielt.

Heute verkörpert sie einen Wert von weit über 100 Millionen. Wenn die berühmten Protagonisten derartiger Unterschätzung ausgesetzt waren, ist die Vernachlässigung ihrer Nachfolger kaum verwunderlich. Ein aktuelles Beispiel bot kürzlich das Eliminieren des Konstruktivismus aus den „Positionen" der Malerei in der Bundesrepublik Deutschland. In der X. Kunstausstellung der Deutschen Demokratischen Republik fehlen die lebenden Vertreter des Konstruktivismus in Malerei, Grafik und Plastik fast vollständig. Andererseits erweist eben diese Stilströmung international in der angewandten und architekturbezogenen Kunst sowie in der industriellen Formgebung ihre Bedeutung.

Fast drei Jahrzehnte hindurch arbeitet Karl-Heinz Adler völlig den Ideen des Konstruktivismus ergeben, ohne äußere Förderung oder Ermutigung. Schon die Tatsache, daß ein Werk über lange Zeit hinweg unter Verzicht auf Lohn und Preis vollbracht wurde, zeigt dessen innere Notwendigkeit und Echtheit. Den Beweis künstlerischen Wertes erbringt die einzelne Arbeit selbst.

Obwohl die Ausstellung am Sachsenplatz die Phasen der Entwicklung nicht ausbreiten kann, mögen doch einige Hinweise andeuten, daß Adler seinen Weg geradlinig verfolgte und dadurch die Geschlossenheit seines Schaffens wahrte, daß er aber gleichzeitig immer wieder neue Antworten auf seine Grundfragen fand und dadurch jeder Schaffensphase eigenen Charakter einzuprägen vermochte.

Seine Collagen aus den Jahren 1957 und 1958 gehören zu den Inkunabeln konstruktivistischer Kunst in der Deutschen Demokratischen Republik. Es ist erstaunlich, wie eindeutig in dieser frühen Werkgruppe Adlers Eigenart, die in allen späteren Verwandlungen prägend wirkte, hervortrat: Vollkommenheit in der Beherrschung der handwerklichen Prozesse; Abwandeln einer Lösung in einer Reihe von Varianten; serielle Benutzung einfacher geometrischer Elemente; Vorliebe für klare geometrische Ordnung durch Achsen und Zentren; Zurückhaltung in der Farbigkeit und Neigung zu stillen Tonwerten; Erzeugung von Bewegung aus statischen Grundformen; harmonische Abstimmung aller Elemente zu einem dem Auge gefälligen Ausgleich.

Die Aquarelle aus dem Jahre 1960 vollzogen einen wichtigen Schritt, indem sie in Farbe und Form neue Sensibilität erreichten. Zarte Töne, besonders in Blau, überlagern sich in präziser Abstimmung bis zu feinster Durchsichtigkeit. Die dadurch entstehende Räumlichkeit wird durch Einbeziehung von Kurven, die in den folgenden Jahren in strengen Tuschzeichnungen bestimmend wurden, vertieft. Die aquarellierten Zeichnungen des Jahres 1967 benutzen die Parallelführung der Geraden zur Herstellung von zentral geordneten Komplexen, während 1968 Dynamik und pendelnde Bewegung seine Tuschzeichnungen bestimmten. Im Jahre 1970 behandelte Adler das Verhältnis von Kreisen im Quadrat, indem er sie mit Lineaturen verspannte.

Die Hinwendung zum seriellen Feld, die schon in dem Zyklus „Serielle Lineaturen" 1967 eingesetzt hatte, war eine wichtige und die weitere Arbeit prägende Neuerung. 1971 ließ der Künstler größere Flächen von seriellen Feldern im Buchdruck vervielfältigen und verarbeitete diese in Collagen. Dabei ordnete er die Felder in zentrierten oder achsialen Kompositionen, die wiederum als Elemente einer Reihung zu nutzen sind. Die aquarellierten Zeichnungen von 1975 und 1976 greifen auf Zentralkompositionen von 1960 zurück, führen diese jedoch weiter, indem stärkere Gegensätze von Farbe und Tonwert das Strahlen und Licht suggerierten. Darauf verwies Adler mit der Benennung „Magische Komposition".

Die Schichtung von Folien ermöglichte Wirkungen der Transparenz, die seit jeher in Adlers Intentionen gelegen hatten. Zu Beginn der 1980er Jahre erzeugt die Verbindung von perspektivischen Lineaturen mit statischen schwarzen Flächen dreidimensionale Wirkungen, die an die plastischen Schöpfungen von Pevsner und Gabo anknüpften. Die Zeichnungen der Jahre 1985 und 1986, in denen durch reine Bleistiftlinien auf weißem Grund einfache Bogenformen gegeneinander verschoben werden, bestechen durch die Balance zwischen Fläche und Raum. Sie ermöglichen reale Assoziationen — Kowalska dachte an Gewölbekonstruktionen — und bleiben doch Linie und Fläche, konkrete Form im Sinne Max Bills. Bozena Kowalska nannte sie die wertvollsten Arbeiten Adlers.

Eine Steigerung seiner Ausdrucksmöglichkeiten erreichte der Künstler mit den Gemälden, die zum ersten Mal in der Galerie am Sachsenplatz ausgestellt werden. Seit mehreren Jahren hatte Adler die Formate seiner Collagen vergrößert und die Bedeutung der Farbe erhöht. Das Anfang 1987 vollendete Triptychon überrascht durch die Macht der Stille. Seine Fähigkeit zu subtiler Auswägung von Nuancen bewährte Adler in den groß angelegten Feldern. Die Reihung der Quadrate ist, so einfach sie zunächst scheinen mag, von komplizierten Beziehungen geregelt. Das lebendige Atmen der monochromen Haut des Bildes beruht auf der verfeinerten Pinselführung, die von meditativer Konzentration getragen ist.

Die freien Arbeiten Adlers stehen in Wechselbeziehung zu seinen angewandten, besonders den architekturgebundenen. Wie die meisten Konstruktivisten betrachtet auch er als höchstes Kriterium der Kunst ihre Bewährung bei der Gestaltung der Umwelt des Menschen. Im Kollektiv mit anderen Mitgliedern der Produktionsgenossenschaft „Kunst am Bau" in Dresden widmete er sich eingehend praktischen Fragen der Raumgestaltung unter den Bedingungen des industriellen Bauens und entwarf Einzelelemente und Ensembles. Die Stileinheit zwischen seinen freien und seinen angewandten Arbeiten erhellt auch den Rang seines Schaffens. Konstruktive Kunst offenbart Wahrheit und Schönheit menschlicher Arbeit in der industriellen Produktion. Wenn deren Gefahren und Widersprüche in der Wirklichkeit unserer Tage bedenklich hervortreten, kann uns konstruktive Kunst auf eigene, unersetzliche Weise bei der Lösung zukunftentscheidender Aufgaben helfen. (Werner Schmidt)


Presse: https://www.kunstverein-plauen.net/karl-heinz-adler-wiederentdeckt-in-plauen-ausstellung-vom-06-03-2022-01-05-2022/

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