Walter Dietrich (1932-1994)

"Kinderkreuzzug 1939" nach einem Gedicht von Berthold Brecht

Brecht schrieb Kinderkreuzzug 1939 im November 1941 im Exil in den USA, in die er im Juli desselben Jahres hatte einreisen können. Es erschien erstmals im Dezember 1942 in The German American. Brechts Literatur zu dieser Zeit war beeinflusst von Erfahrungen aus der Zeit des Exils in verschiedenen Ländern; so hatte er seine enge Mitarbeiterin und Liebhaberin Margarete Steffin in Moskau zurücklassen müssen, wo sie im Juni 1941 an Tuberkulose gestorben war. 1949 erschien „Kinderkreuzzug 1939“ in den Kalendergeschichten, Brechts erster Veröffentlichung in Deutschland nach seiner Rückkehr dorthin. Im Jahr 1951 veröffentlichte Brecht eine von 47 auf 35 Strophen gekürzte Fassung des Werks in der Sammlung Hundert Gedichte. Diese gekürzte Fassung widmete er Steffin.

Das Gedicht beschreibt, wie eine Gruppe von Kindern, welche durch die Schrecken des Überfalls auf Polen 1939 ihre Heimat in Trümmern vorfinden und ihre Eltern verloren haben, beschließt, sich auf eigene Faust Richtung Süden in ein friedliches Land aufzumachen.

Auf dem Weg begegnen den Kindern jedoch einige Schwierigkeiten. Sie können sich nicht orientieren, da die Wegweiser verstellt sind, sie müssen sich andauernd vor Soldaten verstecken und durch die späte Jahreszeit ist es kalt.

Ein verwundeter, stark fiebernder Soldat, der von den Kindern gepflegt wird, sagt ihnen, sie sollten sich Richtung Bilgoray aufmachen. Die Kinder können dieses Bilgoray nicht finden und verirren sich nur noch weiter.

Im Gedicht finden sich einige Parallelen zu den Kinderkreuzzügen 1212. So wird zu Beginn ein „kleiner Führer“ vorgestellt, der die Kindergruppe anführen wird, den Weg in den rettenden Süden jedoch selbst nicht kennt. Weiter ähnelt sich auch das Ende beider Kreuzzüge, die Kinder in Kinderkreuzzug 1939 sterben alle aufgrund der winterlichen Kälte, den Anstrengungen und ihrer Orientierungslosigkeit. Der einzige Zeuge ihres Todes ist ein verhungerter Hund mit einem Schild um den Hals, auf dem die Kinder um Hilfe bitten.

Im Gedicht werden einzelne Mitglieder des Kreuzzuges vorgestellt: eine mütterliche Elfjährige, ein Liebespaar, ein Jude, Deutsche, Polen, ein Protestant, ein Katholik, ein Nazi und ein kleiner Sozialist. Diese Unterschiede spielen für die Kinder jedoch keine Rolle, so wird ein kleiner Jude, der auf dem Weg stirbt, von zwei Deutschen und zwei Polen zu Grabe getragen.

Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Kinderkreuzzug_1939

Bild: falkart