Louis Bley (1881-1971)

03.01.1881 in Falkenstein geboren

1904-1914 Herstellung des  Weihnachtsberges, der vom Heimatmuseum Falkenstein angekauft wurde.

Er entwickelte den Moosmann weiter und den vogtländischen Drehturm, indem er ihn als erster mit typischen vogtländischen Figuren bestückte.

Ankauf einiger seiner Schnitzereien durch das Volkskunstmuseum Dresden.

Er verstarb am 13.08.1971


Gefunden im „Kulturspiegel für den Kreis Auerbach/Vogtl. - Ausgabe Dezember 1960

Text: Dr. Friedrich Barthel, Falkenstein

Louis Bley zum 80. Geburtstag

WERDEN UND SCHAFFEN EINES VOLKSKÜNSTLERS

Am 3. Januar 1961 wird unser Bundesfreund, der Schnitzer Louis Bley 80 Jahre alt. Wenn wir bereits in der Weihnachtsnummer dies Kulturspiegels seiner gedenken, dann soll das damit begründet werden, dass Louis Bley aus dem tiefen Erleben vogtländischer Weihnachten zum Schnitzmesser griff und dass er sich zu einem der besten Vertreter weihnachtlicher Volkskunst im Vogtland entwickelte.


In Falkenstein als Sohn eines Fabrikarbeiters und einer Waschfrau geboren, lernte er von Jugend auf Armut und Not am eigenen Leibe kennen. Es klingt heute kaum glaubhaft, wenn er erzählt, wie drei Familien, das heißt seine Großeltern und deren beiden verheirateten Töchter samt ihren Familien in einer einzigen großen Stube „hausten", in der obendrein der „Wirkstuhl" des Großvaters stand. Vier Erwachsenen und etwa neun Kindern — die Großeltern nächtigten in einer kleinen Bodenkammer — diente die große Wohn- und Webstube gleichzeitig als Schlafraum. Betten kannten die Kinder nicht. Am Abend wurde aus der „Schopf" Stroh geholt und in der Stube ausgebreitet. Das war die „Strabuz". Auf ihr schliefen die Kinder, die sich mit alten Kleidungsstücken zudeckten. Am Morgen wurde das Stroh wieder aus der Stube entfernt. Louis Bley erinnert sich noch gut daran, wie sein Vater im Hof ein großes Netz, den sogenannten „Bammes", aufstellte, in dem er allerlei Vögel fing, die zur Bereicherung der kargen Mahlzeiten beisteuerten.

Bereits als Sechsjähriger bekam Louis Bley die Geißel der Kinderarbeit zu spüren. Er ging „handfänneln". Eine Stunde vor Schulbeginn — im Sommer um 6 Uhr und im Winter um 7 Uhr — musste er in der Stickstube erscheinen. Nur durch den Schulunterricht fand das Fädeln eine Unterbrechung. Bis gegen 23.30 Uhr, wenn der „Zwickische Zug" zu hören war, arbeitete er in der Stickstube im „Hinteren Anger". Dann fädelte er noch bis Mitternacht in der Wohnung des Stickers auf Vorrat für den nächsten Tag. Und das alles bei einem Wochenverdienst von acht Neugroschen!

Freizeit, Ferien kannte der Junge, der so gerne durch Wald und Flur streifte, überhaupt nicht. Sonntag; vormittags musste er bei seinem „Brotherrn" Holz hacken und andere häusliche Arbeiten verrichten, und nachmittags holte er Disteln für die Ziegen, wobei er sogar „2 Neigroschen" für einen Korb erhielt. Als Louis Biley 1896 die Schule verließ, ging er zunächst in die Nagelfabrik im Göltzschtal. Bald aber wechselte er in die Gardinenfabrik Örtel & Co. über, wo er das Kartenschlagen erlernte. Nach der Militärzeit arbeitete er sich zum Spitzenweber heran.

Wie kam Louis Bley zum Schnitzen? Als er einmal vor Weihnachten für sein Töchterlein aus einem „Modellierbogen" eine Krippe ausschnitt und aufstellte, gefielen ihm die Figuren aus Papier durchaus nicht. Er ging daran aus „Flatterweide" ganz primitive „Männle" zu basteln, für die er die Kleider selbst aus bunten Flicken schneiderte. Eines Tages lernte er den aus dem Erzgebirge zugewanderten Ofensetzer Adolf Büttner kennen, der ein tüchtiger Schnitzer war. Als Louis Bley dessen Weihnachtsberg mit den herrlichen Schnitzfiguren sah, war es um ihn geschehen. Von Stund' an verschrieb er sich der Schnitzkunst. Büttner gab ihm die ersten Anleitungen. In rastloser Arbeit bildete sich Louis Bley selbständig weiter. In den Jahren von 1904 bis 1914 erbaute er seinen im orientalischen Stil gehaltenen christlichen Weihnachtsberg, den das Heimatmuseum Falkenstein angekauft hat und der jede Weihnachten zahlreiche Besucher in Bann hält.

Der Orientalische Weihnachtsberg, beschnitzt und gestaltet in der Zeit von 1904-1914 von Altmeister Louis Bley (1881-1971) stellt die Geschichte Jesu von der Geburt bis zur Kreuzigung dar.

Louis Bley ist von Anfang an der Falkensteiner Weihnachtsschnitzer. Er hat den vogtländischen Moosmann und die bewegliche 4-Stab-Pyramidie wieder ins Leben gerufen. In wie vielen Familien steht zu Weihnachten sein Moosmann der eine kleine Pyramide in der Hand hält! Um die Entwicklung des vogtländischen Drehturmes hat sich Louis Bley stets bemüht. Angeregt durch Willy Ruderts Heimatspiel „Falkenstaaner Leit", hat er als erster typisch vogtländische Figuren auf den Drehturm gestellt. In bunter Tracht ließ er sie aufmarschieren, den „Schwammegeeger", das „Reisigweibel", den „Holzmacher mit Reff", die „Bauerschleit", den „Börschtenmoa", den „Quersacktreeger" usw. In diesem kleinen, bunten Figuren liegt seine Stärke. Hier ist er originell. Das ist echte Volkskunst. Louis Bley ist bei der weihnachtlichen Schnitzerei nicht stehengeblieben. Die Erinnerung an alte vogtländische Sitten und Gewerbe hat er festgehalten, so zum Beispiel im „Maasterochs" und im „Rußbouttenmoa" sowie den „Rupperich". Seiner sozialen Einstellung und seinem realistischen Denken hat er in vielen Schnitzwerken Ausdruck gegeben. Es seien folgende Plastiken genannt: die Arbeitslosen, Steinsetzer, Stellmacher, Fensterputzer, Wismutkumpel, das Bündnis zwischen Arbeiter und Geistesschaffenden.

Es ist Louis Bley hoch anzurechnen, dass er seine Kunst nicht für sich gehütet, sondern an die Jugend weitergegeben hat. 1932 begann er, in seiner Schnitzstube einige Jungen um sich zu scharen. Später leitete er die in Falkenstein errichtete Schnitzschule, und nach dem zweiten Weltkrieg betreute er bis 1958 Schnitzarbeitsgemeinschaften der Jungen Pioniere. Louis Bley hat mit seinem Wirken viele Ausstellungen erfolgreich beschickt. Es gereicht ihm zur Ehre, dass das Volkskunstmuseum in Dresden zwei seiner Werke, den „Maasterochs" und die „Rodelboah", angekauft hat. Seine Schnitzereien haben nicht nur in der engeren Heimat weite Verbreitung gefunden. Selbst in Schweden, England, Brasilien und in den USA sind bei heimattreuen Vogtländern und deren Bekannten seine Moosmänner, Bergleute, Drehtürme und Leuchter als Boten der Heimat anzutreffen.

Trotz seinem hohen Alter ist Louis Bley einer der eifrigsten Schnitzer der Falkensteiner Gruppe. Selten versäumt er eine Übungsstunde. Immer wieder begeistert er seine Schnitzfreunde durch seinen Arbeitseifer und den gesunden Humor, der ihm eigen ist.

In geistiger Frische und guter körperlicher Verfassung schafft Louis Bley unermüdlich Tag für Tag Werke vogtländischer Volkskunst, die ihm zahlreiche neue Freunde gewinnen.

Sie alle werden seiner am 3. Januar 1961 mit den besten Wünschen gedenken. Diese Zeilen seien Louis Bley, dem alten Falkensteiner von echtem Schrot und Korn, ein freudiges „Bornkinnel" für sein jahrzehntelanges Schaffen im Dienste der Heimat und der Volkskunst des Schnitzens! (Dr. Friedrich Barthel, Falkenstein)