Ulrich Eisenfeld

geb. 1939 in Falkenstein/Vogtland.

Der Lebenslauf Ulrich Eisenfelds wie sein künstlerisches Werk sind von den politischen Verhältnissen im Deutschland der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts in besonderer Weise geprägt.

Nach einer Bergmannslehre und Arbeit als Hauer im Steinkohlenbergbau in Zwickau studierte Eisenfeld von 1960 bis 1965 an der Hochschule für Bildende Künste in Dresden Malerei. Seit 1965 freischaffend tätig, hatte Eisenfeld in den Jahren der stalinistischen Kulturdoktrin sowohl beruflich als auch privat vielfältige Demütigungen seitens staatlicher Stellen ertragen müssen, die 1981 zur Aussiedlung nach Berlin-West führten. Seiner konzentrierten, stetigen künstlerischen Entwicklung tat dies jedoch keinen Abbruch.

Das Frühwerk Eisenfelds ist vor allem in der Graphik geprägt von Themen privater Alltäglichkeit; neben Stillleben und intimen Figurenbildern nehmen Landschaften schon bald einen großen Raum in seinem Schaffen ein. Seine besondere Aufmerksamkeit gilt den Höhenzügen des Vorerzgebirges, besonders denen der Wilischlandschaft, wo er von 1971 bis 1981 und wieder seit 1990 ein Atelier in Kreischa/Quohren besitzt. Im Wechsel des Lichtes und der Jahreszeiten verfolgt er diese Gegend mit großer innerer Intensität, die in seinen Pastellen und Ölbildern ihren Ausdruck findet.

Von 1985 bis 2001 hatte Eisenfeld im mittelschwedischen Dalarna, in Furudals Bruk, ein Atelier, wo er eine ernste, tief ruhige und weite Landschaft erlebte. Viele Male führten ihn von dort aus Reisen in das noch ferne Lappland, das sein malerisches Naturell in besonderer Weise anregte. Die Lichterfahrung des Nordens findet seitdem verstärkt Ausdruck in seinen Bildern. Mit seinen von der Horizontale dominierten kargen und zugleich poetischen Landschaftsdarstellungen, die ein universelles Landschaftserlebnis nachempfindbar werden lässt, setzt Eisenfeld eine wichtige Traditionslinie Dresdner Landschaftsmalerei in sehr eigenständiger Weise fort.

In vielen Ausstellungen in Deutschland, Spanien, Schweden, Polen, Belgien, Schweiz und Österreich waren bisher seine Bilder zu sehen. Bilder befinden sich im Besitz öffentlicher und privater Sammlungen.

Dr. Uta Neidhardt




Ausstellung in Falkenstein (22.04. - 08.07.2016)

Ein Künstler aus Falkenstein/Vogtland

„Ulrich Eisenfeld ist allmählich zu einem der gewichtigen Intimisten herangewachsen. Intimismus meint die ideologieferne, auf neue Vergewisserung an der Wahrheit der fünf Sinne konzentrierte romantisch gegenständliche Kunst, die im DDR-östlichen Deutschland gegen die Doktrinen des „sozialistischen Realismus“ seit den sechziger Jahren entwickelt wurde.

Er kam aus dem Zwickauer Steinkohlenschacht ans Licht, erst mit einundzwanzig Jahren zum Studium, mitten hinein in die brutalen Pressionen der Ulbricht-Ära. Aber er ließ sich nicht auf das ideologiekritische Feld äußerlicher Opposition zur inneren Erleichterung locken.

Gestimmtheiten wurden sein Ausdrucksmittel. Anfangs hüllen opake Farbreliefs kleinteilige Landschaft unter hochgelegten Horizonten ein. Wenig Himmel bleibt darüber, der Atem stockt. Mit seiner Verdrängung aus Dresden öffnen sich ihm die Himmel in West-Berlin, im westlichen Harz, im schwedischen Dalarna zu weiten Blicken. Nun lagern sich die Horizonte selbst unter den von Eiszeitgletschern gerundeten alten Gebirgen. Die Horizontale wird zu Eisenfelds hauptsächlichem Kompositionselement, betont durch sparsame Rundformen und nachdrücklichen Diagonalen.

Statt der Ölmalerei drängt das puderleichte atmende Pastell vor, vielerlei Kreiden ineinander verrieben zu kostbarem Schimmer. Überstrahlte Dunkelheiten erzeugen sonore Klänge. Das kältere Licht des Nordens weht uns kühlend an. Farbe erringt gelassene Vergeisterung. Der Gang der Tageswechsel und der Jahreszeiten arbeitet sichtlich an den Landschaften und erläßt ihr geschichtliches Schicksal erkennen. Das ist nicht ohne Tragik der Vergänglichkeit, vom Licht enthüllte Düsterkeit. Am Naturerleben relativiert und heilt Eisenfeld seine erlittenen Verletzungen aus Dresdner Tagen. Seit der deutschen Einheit zieht es ihn wieder zum Wilisch, in die Gegend von Kreischa, zur Begleichung einer nicht eingelösten Schuld, auch der Landschaft am Osterzgebirgsrand besser gerecht zu werden als aus der Verdrossenheit damals.

Unbekümmert um Tagesmoden wählte er seine Vorbilder zwischen Leistikow und Munch. Den im Abendlicht aufglühenden Kiefern an märkischen Seen wie den kühlblauen Himmeln über Lappland oder Mittelschweden lauscht er eine Expressivität der Farben ab, die Rapsfeldern oder herbstlich geröteten Rentierflechten ohne Übertreibung abzugewinnen sind. Die tropisch überhitzten Komplementärfarben, die Brücke-Maler in Dangast oder Nidden über die Natur verströmten, nimmt Eisenfeld in die Zucht der geistigen Zwiesprache mit dem Erlebnis. Naheliegend, daß er sich in figürlichen Kompositionen lieber auf „Blaue Reiter“ beruft.

Aber das Erbe der klassischen Moderne bleibt wohlgehütet und wird nicht durch eitle „Selbstverwirklichung“ als Möchtegerntrendsetter in Frage gestellt. Darin enthüllt sich eine Hoffnung Franz Marcs. Neue Traditionen bilden sich. Und kein allzu naher Jugendstil verstört Eisenfeld – wie einst die Freunde um Marc – zu vordergründiger Dekorativität. Unterschwellig brodelt eher die tragisch ernste Lebenssicht Rouaults unter Eisenfelds letzten oberen Farbenstäuben. Nur fehlt im der Zug zum Einklagen einer nicht vollendeten Schöpfung.

Eisenfelds Kunst lebt aus dem Einklang mit dem Stirb und Werde. Seine hohen Himmel mit den diagonal darüberziehenden oder sturmgejagten Wolken raunen heimlich in Zwiesprache mit den Himmeln Caspar David Friedrichs und Blechens und Turners. Vor seinen Bildern wagen auch wir den Dialog mit der Natur und dem Menschen neben uns.“

Prof. Dr. Diether Schmidt †


"Eine Intime Sprache / Skizzen und Zeichnungen" (Auszüge aus dem Buch 2022 / 3.Auflage / 20 Exemplare / Texte U.Eisenfeld und H.-G.Goldbeck-Löwe)

Wenn ein Maler zeichnet, gestattet er uns einen Blick in sein künstlerisches Innenleben. Er lässt uns wissen, wie er sieht, denkt und fühlt. Denn in der Natur gibt es keine Linien, Striche, Punkte, Schraffierungen und Schattierungen. Deshalb setzt zeichnen ein hohes Maß an Abstraktionsvermögen voraus. Die Umrisse der Gegenstände ähneln zwar abgrenzenden Linien, in Wirklichkeit existieren sie aber gar, nicht, sondern müssen erahnt, gedacht, erst geschaffen werden, Aquarelle, Pastelle oder Ölbilder, aber auch alle anderen künstlerischen Ausdrucksformen vermitteln dem Betrachter vollständige Bilder. Nicht so die Skizze. Sie ist so etwas wie „das Aufblitzen eines Gedankens", wie Kgrel Teissig im Vorwort zu seinem Werk „Die Technik der Zeichnung formuliert. In ihrer Unmittelbarkeit spiegelt sie künstlerische Prozesse, die im gereiften Werk überlagert werden. „Daher ist ihr jene impulsive, anziehende Ausdrucksfähigkeit eigen, die sich weder um die äußere Form der Arbeit noch um eine Stilfindung zu kümmern scheint", schreibt Teissig. Skizzen und Zeichnungen öffnen Türen zur bildenden Kunst. Gefragt sind Phantasie und die Fähigkeit, zu beobachten - mit den Augen des Künstlers zu sehen. Natürlich ist die Zeichnung auch eine eigenständige Kunstgattung. Verwandte Zweige wie die Illustration, die Karikatur oder das Plakat sind ohne zeichnerisches Talent undenkbar. Und selbst die Titanen unter der Malern von Michelangelo bis Picasso kehrten immer wieder über die Zeichnung zu ihren Ursprüngen zurück. Wie kann man also den Maler Ulrich Eisenfeld besser kennen und vor allem verstehen lernen als über seine Zeichnungen? Alle seine Werke basieren aufgezeichneten Entwürfen. Der Skizzenblock ist sein täglicher Begleiter. Es ist naheliegend, sich mit diesem Teil seines Werkes einmal näher zu beschäftigen. Schnell wird.dabei deutlich, wie sehr er sich der klassischen Moderne verbunden fühlt, wie vor allem seine Landschaften eben nicht Abbildungen sind, sondern aus einem inneren Abstraktionsprozess heraus entstehen. Gerade die Skizzen, und Zeichnungen zeigen seine Eigenständigkeit, seinen individuellen künstlerischen Weg, den er sich in seinen DDR-Zeiten nicht „von oben" diktieren und im modernistischen westlichen Kulturbetrieb nicht oktroyieren ließ. Sie verweisen auf eine - wie Ulrich Eisenfeld es nennt - „intime Sprache ohne Worte". Dabei wollen wir es belassen. Hans Günter Goldbeck-Löwe

 

Quelle: Mit Genehmigung des Künstlers (4-2024)