Diese Bilder sind im Besitz der Stiftung „Zu Hause am Auersberg“ Eibenstock. Wir danken der Familie Schreier - Kunsthof Eibenstock - für die freundliche Bereitstellung und Unterstützung.
Diese Abbildungen stammen aus dem Ausstellungskatalog „Konstruktivismus in Sachsen“ mit freundlicher Genehmigung von Brigitta Milde - Leiterin Carlfriedrich Claus Archiv, Kunstsammlungen Chemnitz Erschienen 1997 Museum Schloss Schwarzenberg in Zusammenarbeit mit dem Annaberger Kunst- und Kulturverein e.V.
Wir haben uns bemüht alle Rechteinhaber ausfindig zu machen. Sollten trotz sorgfältiger Nachforschungen berechtigte Ansprüche weiterer Rechteinhaber bestehen, wird um Kontaktaufnahme gebeten.
"...Ich bin gar nicht einer, an dem das Zeitgeschehen spurlos vorübergegangen ist... Ich bin schwer verwundet nach Hause gekommen, habe viele Freunde ...verloren und mein einziges Kind...
In welches Verhältnis soll nun die Kunst dazu gebracht werden. Da gibt es nur zwei Möglichkeiten. Entweder man entscheidet sich für "L'art pour Part", oder dafür, die Kunst auf eine breitere Basis zu bringen... Mir ist klar, dass man nicht, wie allgemein verlangt wird, den Menschen... für die Kunst interessieren kann, indem man ihm immer wieder sein soziales Elend, die Trümmer und all das Häßliche, Bedrückende, durch "Kunst" vor Augen führt. Das kann man als abschrek-kendes Beispiel gegen den Krieg tun; und es werden sich bestimmt große Künstler finden, die gute Plakate schaffen. ...
Meiner Überzeugung nach hat... der Künstler sogar die Pflicht, in Ausstellungen dem Menschen Bilder zu zeigen, durch die er mit neuem Lebensmut nach Hause geht. Deshalb braucht ein Künstler noch lange nicht sein Werk dem Niveau des Volksgeschmackes anzupassen, im Gegenteil, er kann, wenn er stark genug ist, dem durch sein Elend abgestumpften Menschen den Weg zur Kunst zeigen und ihn wieder für etwas Ideales interessieren. ... dann ist das, was man an meiner Arbeit vielleicht als "harmlos" bezeichnet, gerade das Notwendigste, was den heutigen Menschen durch die Kunst vermittelt werden kann." (Otto Müller-Eibenstock 1948 an William Wauer)
1933 Geboren in Leuna an der Saale, Vater: Tischlermeister / 1950 Tischlergesellenbrief in Annaberg, Erzgebirge / 1953 Abitur in Aue, Erzgebirge / 1959 Diplom als Architekt in Stuttgart / 1962 Freier Architekt. Wohnungs- und Industriebau / 1969 Ausstellung in der Studiengalerie bei Max Bense, Stuttgart, mit Katalog. Gezeigt wird u.a. "Distribution von Farbsequenzen im Rösselsprung", "Skulptur aus zwei Teilen eines Quaders" / 1973 Freundschaft mit Otto Müller-Eibenstock (1898-1986) Aufbau einer Dokumentation seiner Bilder, seiner Theorie, seines Lebens. / 1974 Studium der Berufspädagogik / 1985 Ausstellung "Bild und Superbild" in Sindelfingen, mit Katalog. Das neue bildnerische Problem der Superisation ist von der Ästhetik des Max Bense hergeleitet / 2003 Ausstellung des Gesamtwerkes im Museum Apolda, Thüringen
Foto: Karl Herrmann: Künstler – Kunsthistoriker - Architekt (zur Vernissage am 19.10.2018 in Falkenstein)
Einführung in die Ausstellung am 19.10.2018 in Falkenstein
Es gibt bei Müller-Eibenstock einen einzigartigen theoretischen Zugang zu seinem Werk. Das ist der über das Verzeichnis, das er von seinen Kompositionen angefertigt hat. - Er hat von 1926 an, damals war er 28 Jahre alt, bis zu seinem 80sten Lebensjahr seine Werke in drei Heften notiert - Er hat etwa 400 Werke registriert, nach Datum, Größe und Ausstellungen. Dazu hat er 260 Kompositionen, die den Werken zugrunde liegen, nachgezeichnet.
Wie mir der Kunsthistoriker, Kurt Leonhard, (1910-2005) sagte, dürfte diese Menge eigener Zeichnungen eines Künstlers von seinem Werk einmalig in der Kunstgeschichte sein!
Das Verzeichnis ist unvollständig. Es gibt also Werke, die er nicht verzeichnet hat. Und sein gewaltiges Werk an Textilentwürfen ist darin auch nicht enthalten. - Die 260 Zeichnungen habe ich mit Kommentaren und Aufsätzen versehen im Jahr 2000 unter dem Titel „Otto Müller-Eibenstock, Sein Verzeichnis seiner Kompositionen" veröffentlicht.
Seine wichtigsten Bezeichnungen für Werkgruppen sind „R" für realistisch und „A" für Abstrakt. Dem entspricht seine persönliche, an Kant ausgerichtete, für den bewusst gestaltenden Künstler ausgebildete Erkenntnistheorie. - Nach seiner Theorie verdichtet sich für den Maler jedes Erlebnis in eine Bildidee. Eine solche kann eine realistische, eine psychische, oder eine geistige sein. Aus letzterer entsteht seine mit „A" bezeichnete abstrakte Malerei.
In seiner Klassifizierung gibt es noch realistische Werke, in denen Merkmale abstrakter Gestaltung überwiegen. Diesen gab er die Bezeichnung „RA" also „realistisch-abstrakt". - Solche hat er vor allem nach 1945 gemalt. - Ober die Frage, ob es nicht ein Rückschritt sei, nach der abstrakten Malerei wieder realistisch zu malen, hat Müller-Eibenstock brieflich mit Künstlerfreunden, zum Beispiel William Wauer diskutiert
Wauer hat 1948 in Berlin-Tempelhof für ihn die „Gesamtschau", „Mein Weg" organisiert, dabei stellte Müller-Eibenstock die abstrakten Werke der 20iger und 30iger Jahre neben den realistisch-abstrakten der 40iger Jahre aus. - Für Müller Eibenstock war das kein Abweichen von den hohen Ansprüchen der abstrakten Malerei. Er begründete seine scheinbare Rückkehr zur realistischen Malerei aus der Verantwortung des Künstlers in der Nachkriegszeit. So schrieb er in einem Brief: „Um das Interesse an dem Kunstwerk bei der Allgemeinheit erst einmal zu erwecken, muss man in Ausstellungen Bilder zeigen, die dieser ihr eigenes Elend, die Trümmer und all das Hässliche und Bedrückende, das doch seit Jahren auf jedem Einzelnen lastet, erst einmal vergessen lassen und den Sinn für etwas Besseres, Höheres wecken".
Es entstanden dabei zahlreiche Bilder seiner erzgebirgischen Heimat. Dazu sagte er: „Das Vogtland ist grün, das Erzgebirge blau, wer das nicht sieht, ist kein Künstler" - Eine Landschaft hat also ihre Farbe, aber auch ihren Rhythmus. So galt für ihn: „Das Erzgebirge, das ist die Diagonale". Dieser an der abstrakten Malerei gereifte Künstler gab sich nicht mit der Erscheinung eines zufälligen Bildausschnittes zufrieden. Jedes Bild, das er im Erzgebirge malte, sollte das Wesen dieser blau-diagonalen Landschaft zeigen.
Damit kommen wir in denkenswerter Weise bei diesem Künstler der abstrakten Malerei auf den Begriff „Heimat" in der Kunst. Über dieses Thema habe ich in der Literatur keine Theorie gefunden, ich nehme das als Anlass, hier einen theoretischen Ansatz zu suchen. Dafür werde ich provokativ den Begriff „Heimatkunst" verwenden, wohl wissend, dass er durch Heimatkitsch diskreditiert ist.
Der Begriff Heimat soll, bezogen auf Heimatmalerei, als bildliche Vorstellung gekennzeichnet sein. So hat der Bewohner einer bestimmten Landschaft, sagen wir mal des Erzgebirges eine durch zahllose Erlebnisse sicher vorhandene, aber nicht näher bestimmbare bildliche Vorstellung, die im Gemüt so tief verankert ist, dass sie, wenn der gedachte Bewohner in der Ferne weilt, zum Inhalt einer Sehnsucht wird, die wir „Heimweh" nennen.
Nun ist aber die Unbestimmtheit für den menschlichen Geist ein Zustand, aus dem er erlöst werden will. Da sind es Künstler, die durch einprägsame Bilder eine bildliche Vorstellung schaffen können, die den Geist aus der Unbestimmtheit erlöst.
Zum einen kann ein Künstler in verschiedenen,immer wieder überraschenden, subjektiven Ansichten, so wie Hokusai (1760-1849) es mit den 36 Ansichten des Fuij-jama tat, den ewig gleichen heiligen Berg in immer anderer dramatischer Situation abbilden. Der Betrachter hat dann wie bei einem Ricercare in der Musik die Freude, ihn immer wieder zu erkennen.
Ein Künstler kann aber auch, wie Müller-Eibenstock es tat, der Vorstellung vom Erzgebirge, in seinen Bildern eine prägnante, über den Tag gültige idealtypische Gestalt verleihen. Die Vorstellung vom Erzgebirge, wird durch das Blau der Wälder, die Diagonalen in den Kompositionen genau bestimmbar. Die genau bestimmbare Gestaltung wird dann in dem Gemüt des heimatverbunden Betrachters so gewiss, wie eine platonische Idee.
Dabei gibt es, wenn es sich wirklich um ein Kunstwerk handelt, noch ein Problem, auf das mich Paul Reich (1925-2009) hingewiesen hat: Es ist entgegen landläufiger Meinung schwieriger, die Schönheit eines realistischen Bildes zu erkennen, als die eines abstrakten - Die Freude, eine Gegend in Bild wieder zu erkennen, kann uns daran hindern, aus der Vereinigung von Abbildung und rhythmischer Durcharbeitung die abstrakte Komposition aufzuspüren und uns an ihr zu erfreuen.
In den Bildern von Müller-Eibenstock wirkt die Verwandlungskraft seiner Komposition so stark, dass die Harmonie seiner Gestaltung fast jeden Betrachter über die Abbildung hinaus weiter in eine abstrakte Ordnung führt. - Und damit geht der Betrachter nach Müller-Eibenstocks Erkenntnistheorie von einer realen Idee über in eine geistige. Damit ist sein Ziel erreicht, dem Betrachter „den Sinn für etwas Besseres, Höheres zu wecken.
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