Ehrenberg, Paul (1876-1949)

- am 8. August 1876 in Dresden geboren / älterer Bruder des Komponisten Carl Ehrenberg (1878–1962) / Vater Carl Ehrenberg (1840-1914) Historienmaler und Illustrator / Mutter Konzertsängerin und Gesangslehrerin Sophie Elise Johanne Georgine (1848-1892)

- erste künstlerische Unterweisung vom Vater

- Studium d. J. an der Dresdner Kunstakademie (unter Friedrich Preller)

und Heinrich von Zügel / Kunstakademie in München

1898-1903 Teilnahme Sommermalschule in Wörth (unter Heinrich von Zügel)

1899-1904 enge Freundschaft mit Heinrich Mann (Papiere, die 20 Jahre nach Thomas Manns Tod entsiegelt wurden, enthüllten, dass er bis Ende 20 ausschließlich homosexuell war und sich zeitlebens stark zu Männern hingezogen fühlte. Paul Ehrenberg war ein ausgezeichneter Violinist, der oft Kammermusik mit Mann spielte. Aufgrund der Hinweise aus Thomas Manns Briefen und Tagebüchern war Mann in Ehrenberg verliebt und hatte von 1899 bis etwa 1903 eine intensive persönliche Beziehung) Quelle: Queers in History von Keith Stern / https://elisa-rolle.livejournal.com/2274024.html

- Mitglied der Luitpold-Gruppe und der Münchner Künstlergenossenschaft

1940-1944 mit 9 Bilder auf Großen Deutschen Kunstausstellungen in München vertreten

- Heirat mit Malerin Lilly Teufel

- 1944 in Plauen ausgebombt

- freischaffend in Weischlitz bei Plauen

er verstarb am 14.10.1949 nach einer Operation in Hof/Saale


Eine "Mischung aus Regionalgeschichte und 'großer' Literaturgeschichte" nennt der Verfasser seine Untersuchung. Ihr Zentrum bildet die Freundschaft zwischen Thomas Mann und dem Maler Paul Ehrenberg (1876-1949), vor allem in den Jahren 1900 bis 1903, und deren Spiegelung im Werk des Schriftstellers bis hin zum Altersroman "Doktor Faustus". Spuren dieser Freundschaft führen aber auch zur "Malercolonie" Heinrich von Zügels im südpfälzischen Wörth. Der berühmte impressionistische Tiermaler verbrachte dort, von 1895 bis zu seiner Emeritierung 1922, mit seinen Studenten von der Kunstakademie München die Sommermonate, um Pleinair zu malen. Paul Ehrenberg war einer dieser Zügel-Schüler.




Quelle: (Text und Bild Nr.3) Maler aus dem Kreis Plauen / Rat des Kreises Plauen Abt. Kultur / Frank Weiß 1985 / Text:Werke und Bauten MRP Heft 27 1964 (Vorwort R.Donnerhack

Den Münchener Maler Paul Ehrenberg treffen wir bereits vor dem 2. Weltkrieg in Plauen an. In der Reichsstraße hatte er sein Atelier. Als die Stadt 1944/45 zu fast drei Viertel durch angloamerikanische Bomben in Trümmer gelegt wurde, verlor auch Ehrenberg seine Behausung und fand in Weischlitz zeitweilig ein neues Unterkommen.

Paul Ehrenbergs Vater war der 1840 in Dannau bei Oldenburg geborene Kunstmaler Prof. Carl Ehrenberg, der sich in der sächsischen Kunstmetropole Dresden niedergelassen hatte und dort 1914 starb. Auch im Vogtland befinden sich Werke von ihm. Als 1896/97 die Schleizer Bergkirche umfassend restauriert wurde, schuf er die Wandmalereien „Es werde Licht" und „Friede sei mit euch" am Triumphbogen, ferner das Ölgemälde „Christus: Ich bin's". Er war der erste Lehrer seines Sohnes, der dann an der Dresdener Akademie bei den Professoren Leonhard Gey (1838—1894), Leon Pohle (1841-1908) und Friedrich Preller d. J. (1838-1901) studierte. Bei dem berühmten Impressionisten Heinrich von Zügel (1850-1941) setzte Paul Ehrenberg an der Münchener Akademie das Studium fort. Seine Leistungen wurden mit der silbernen Medaille der Akademie gewürdigt. Seit etwa 1905 war er in den Großen Münchener Jahresausstellungen vertreten und stellte ebenso in weiteren Städten aus. Er gehörte der Luitpoldgruppe an und blieb auch in seiner Plauener Zeit Mitglied der Münchener Künstlergenossenschaft. Nach dem Ende des 2. Weltkrieges trat er dem Kulturbund zur demokratischen Erneuerung Deutschlands bei. Der Künstler war in erster Ehe mit der Malerin Lilly Teufel verheiratet. Gegen Ende seines Lebens litt er unter einer Magenerkrankung und musste sich auf einer Reise in Hof einer Operation unterziehen, die zwar zunächst gut verlief, eine Embolie führte jedoch zum Tode. In München fand er seine letzte Ruhestätte.

Paul Ehrenberg hatte es die Schönheit der vogtländischen Landschaft angetan, immer wieder drängte es ihn zu ihrer Darstellung. Auch als Porträtist genoss er Wertschätzung, ferner gehörten Stillleben, Genre- und Tierbilder

zu seinem Oeuvre. Leider wurden bei den Luftangriffen auf Plauen zahlreiche seiner Bilder vernichtet. Gemälde erhielten sich unter anderem im Vogtlandmuseum Plauen, in der Städtischen Kunstsammlung Karl-Marx-Stadt, im Bezirkskrankenhaus Plauen sowie in Privatbesitz.

Ursprünglich hatte Ehrenberg, der mit einer starken musikalischen Veranlagung ausgestattet war, zwischen Musik und Malerei geschwankt, Bekannte schildern ihn als ausgezeichneten Geiger. Die Musik spielte in seiner Familie überhaupt eine große Rolle, seine Mutter Sophie war eine gefeierte Konzertsängerin, der Bruder Prof. Carl Ehrenberg (1878-1962) erlangte Bedeutung als Komponist und Dirigent, und die Halbschwester Hilde Distel (1880 bis 1917) war Sängerin.1 Paul Ehrenberg teilte die Liebe zur Musik, speziell zum Geigenspiel, mit Thomas Mann (1875-1955), der seit 1893 in München lebte. Beide verband eine enge Freundschaft. Zusammen mit Carl Ehrenberg musizierten sie oft und gern. Der veröffentlichte Briefwechsel des Schriftstellers mit Paul (von 1900 bis 1919) und Carl (von 1901 bis 1949), der nur einen Teil der Korrespondenz darstellt, läßt das herzliche Verhältnis der drei deutlich werden.2

Am 6. 3. 1900 widmete der Schriftsteller dem Maler eine Porträtphotographie mit einem Eichendorff-Zitat „Wo zwei sich treulich nehmen und ergänzen, wächst unvermerkt das freud'ge Werk der Musen".' 1902 schreibt er von zwei Porträts, die Ehrenberg gemalt habe, den Schriftsteller und dessen Mutter darstellend.'1 1903 schließlich erwähnt er vier Originalbilder Ehrenbergs („Mama, Ich, die Hetzjagd, die Halskrause"), die in seinem Arbeitszimmer hingen, und an denen er sich täglich freue: „Es ist doch gut, daß Du Maler geblieben bist. Mache nur noch viele schöne Sachen!'" Stolz berichtet Mann am 18. 7. 1901 Paul Ehrenberg, dass sich der Druck der „Buddenbrooks" dem Ende nähere und auch die Widmungen schon gesetzt seien.''

In einem Brief an Hilde Distel vom 14. 3. 1902 schreibt Mann, daß er durch Pauls Einfluß als Mensch „doch noch ein wenig zurechtgewachsen" sei. „Ich habe ihn ein bisschen literarischer und er mich ein bisschen menschlicher gemacht. Beides war nötig!'" Für Thomas Mann, der um die Jahrhundertwende stark unter dem Gefühl der Einsamkeit, der Isolation des Künstlers von der Gesellschaft litt, wurde Paul Ehrenberg „mein erster und einziger menschlicher Freund. Bislang habe ich nur unter Dämonen, Kobolden, tiefen Unholden und erkenntnisarmen Gespenstern, d. h. unter Literaten Freunde gehabt . . ."8 Diese Freundschaft, die sich seit 1900 entwickelt hatte und, wenngleich in veränderter und abgeschwächter Form, auch Bestand haben sollte, wurde für ihn, wie er in einem Brief vom 7. 3. 1901 an Heinrich Mann feststellte, „ein in diesem Leben nicht mehr erwartetes Entgegenkommen". Sie blieb auch nicht ohne Einfluß auf Manns künstlerisches Werk jener Zeit. Kurze Erwähnung findet sie weiterhin in Thomas Manns „Lebensabriß" von 1930. Ein literarisches Denkmal setzte Mann dem Maler in seinem 1947 erschienenen Altersroman „Doktor Faustus". Die Figur des jungen Geigers Rudolf Schwerdtfeger trägt Züge Paul Ehrenbergs.

Abschließend sei der Brief Thomas Manns an Carl Ehrenberg zitiert, in dem er auf die Nachricht vom Tode Paul Ehrenbergs antwortet:

Pacific Palisades, California 1550 San Remo Drive 22. Nov. 1949

Lieber Carl,

die Nachricht von Pauls Tod hat mich tief bewegt. Heute traf sie ein, und ich sehe, wie lange es schon her ist, daß er schied. Am 27. Oktober habt ihr ihn begraben. Der Nordfriedhof - welcher ist das? Der Schwabinger? Ich hätte gern eine Vorstellung, wo Dein Bruder liegt.

Unsere Jugendfreundschaft zu Dritt, die fröhliche Geduld, die ihr mit mir Scheuem und Schwierigem hattet, die guten, vertraulichen und begeisterten Stunden, die wir mit einander verbrachten - diese Erinnerungen haben nie aufgehört, einen glücklichen Gefühlswert in meinem Leben zu bilden, von dem Wärme und Helligkeit ausging. Mit euch konnte ich übermütig sein. Weißt Du noch, wie wir früh morgens zum Aumeister radelten (Dein Rad hieß „die Kuh", weil es immer einen kotigen Bauch hatte) und nach dem Kaffeetrinken mit Steinen nach leeren Bierflaschen warfen? Fünfzig Jahre! Fünfundfünfzig! Und nun sitze ich, auch schon recht müde von all dem Leben, in Californien und schreibe Dir diesen Brief, weil Paul tot ist. In Gottes Namen, wir müssen alle dahin - dürfen, sollte ich sagen. Ich hoffe, er hat nicht viel zu leiden gehabt. Es lag doch auf ihm, von uns Dreien, wohl am meisten Sonne, und solchen, denen das Leben hold war, gönnt es meist auch ein sanftes Ende. Sein Jugendbild lebt in mir fort.

Ich bin froh, bei dem etwas geisterhaften Besuch in München wenigstens Dich noch einmal gesehen zu haben. Lebe recht wohl!

Dein Thomas Mann"1

Quellen:

1 Karl Ehrenberg 65 Jahre. In: VAT, 1. 4.1943

2 Thomas Mann: Briefe 1889-1936. Hrsg. von Erika Mann. Berlin und Weimar 1965

ders.: Briefe 1948-1955 und Nachlese. Hrsg. von Erika Mann. Berlin und Weimar 1968

Wenzel, G.: Thomas Manns Briefwerk. Bibliographie gedruckter Briefe aus den Jahren 1889-1955. Berlin 1969 Die Bedeutung der Ehrenberg-Briefe wie der Freundschaft überhaupt untersuchte Wysling, H.: Aschenbachs Werke. Archivalische Untersuchungen an einem Thomas-Mann-Satz. In: Euphorion. Ztschr. für Literaturgeschichte. 59. Bd. 3. Heft. Heidelberg 1965, S. lllff.

3 Briefe 1948-1955 und Nachlese, S. 441

'' An P. Ehrenberg, 1. 6. 1902 und 20.121. 8. 1902. In: ebenda, S. 460 und 466. Der Verbleib der Bilder ist unbekannt.

5 AnP. Ehrenberg, 19. 6. 1903. In: ebenda, S. 411

6 ebenda, S. 454. Die Widmung zum Neunten Teil lautete: „Paul Ehrenberg, dem tapferen Maler, zur Erinnerung an unsere Münchener musikalisch-litterarischen Abende." (ebenda, S. 620) Die Widmungen wurden in der zweiten Auflage entfernt.

7 Briefe 1889-1936, S. 45. Hilde Distel war eine Jugendfreundin von Manns Schwester Julia.

8 In Manns 1. Tagebuch. Zitiert nach: Fix, P.: „Königliche Hoheit". In: Das erzählerische Werk 'Thomas Manns. Entstehungsgeschichte, Quellen, Wirkung. Berlin und Weimar 1916, S. 63

9 Zitiert nach: ebenda, S. 62 f.

10 z- B. Novelle „Tonio Kroger", Studie „Die Hungernden", geplante Novelle „Die Geliebten". Vgl. Matter, H.: Die Erzählungen. In: ebenda, S. 470, 475, 477

11 Mann, T.: Gesammelte Werke. 12. Bd. Berlin 1956, S. 392f.

12 Briefe 1948-1955 und Nachlese, S. 115f.


Bilder:

Mit freundlicher Genehmigung: Bilder / Fotos aus dem Fundus: Auktionshaus Mehlis GmbH /

Hammerstraße 30, Plauen, Germany 00 49 3741 221005 / https://www.mehlis.eu/

Wir danken Frank Weiß für die freundliche Unterstützung und Genehmigung.

Quelle: Frank Weiß „Malerei im Vogtland“ / 2002 / Fotos: Hilmar Raddatz und Reinhard Feldrapp

Vogtlandmuseum Plauen - https://www.vogtlandmuseum-plauen.de/vogtlandmuseum/dauerausstellung

Wikipedia / https://de.wikipedia.org/wiki/Paul_Ehrenberg_(Maler)

Thomas Mann, Armin Martens & Paul Ehrenberg / https://elisa-rolle.livejournal.com/2274024.html

Quelle: Queers in History von Keith Stern

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